In meiner Arbeit als Physiotherapeut für Musiker in München begegne ich häufig Fällen von Sehnenscheidenentzündung. Diese Art von Entzündung wird oft auf Über- oder Fehlbelastungen zurückgeführt. In diesem Blogbeitrag möchte ich mich auf die neuromuskulären Hintergründe konzentrieren, die für die Spannungsregulation der Muskeln entscheidend sind, und erklären, warum dieses Wissen für eine ursächliche Behandlung essentiell ist.
Die Problematik des Schonens
Während eine anfängliches Ruhigstellen bei Sehnenscheidenentzündungen bei Musikern sinnvoll sein kann, um akute Entzündungen zu reduzieren, stellt sich oft heraus, dass dies allein nicht ausreicht. Denn durch Schonung wird lediglich die Messlatte herabgesetzt.
Nach dem Motto: "Wenn ich viel spiele tut's weh" - "Na, dann hören Sie halt auf zu spielen"
Nicht zu üben erhöht weder die Belastbarkeit der Sehnen noch verbessert es die Spannungsregulation.
Grundlagen der Muskelspannungsregulierung
Koordination durch das Nervensystem
Unser Nervensystem spielt die zentrale Rolle in der Koordination der Spannung unserer rund 600 Muskeln. Es passt die Muskelspannung kontinuierlich an die Anforderungen jeder Situation an.
Willkürliche Komponente: Hier haben wir bewusste Kontrolle über unsere Muskeln, wie beim gezielten Bewegen eines Fingers beim Spielen eines Instruments.
Unwillkürliche Komponente: Dies umfasst automatische Anpassungen, die wir nicht bewusst steuern, wie die Aufrechterhaltung der Körperhaltung und einer gewissen Grundspannung.
Der Muskel als Ausführungsorgan
Einen Muskel kann man sich als eine Art Ausführungseinheit vorstellen. Erst wenn ein Nerv ihm ein Signal gibt, wird er aktiv. Wenn Sie also das Gefühl haben, dass ein Muskel verspannt ist, ist das eigentlich nur das Endergebnis eines Prozesses.
Es ist wichtig zu verstehen, dass unser Nervensystem die Spannung in unseren Muskeln steuert und dies an unsere aktuelle Situation anpasst. Das bedeutet, die Qualität der Informationen, die unser Nervensystem erhält und verarbeitet, spielt eine entscheidende Rolle. Wenn diese Informationen nicht genau oder vollständig sind, kann es zu Verspannungen kommen.
Informationsfluss und Verarbeitung
Sensorischer INPUT
Sensoren in Haut, Gelenken und Muskeln: Diese Sensoren liefern Informationen über die Stellung der Gelenke relativ zueinander.
Gleichgewichtsorgan und Augen: Sie spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle, indem sie Informationen über die Lage im Raum liefern, damit wir uns gegen die Schwerkraft aufrichten können.
Verarbeitung im Zentralnervensystem (ZNS)
Informationsverarbeitung: Das ZNS verarbeitet und bewertet die eingehenden sensorischen Informationen.
Erfahrungswerte: Das neuronale Netzwerk sammelt Erfahrungswerte, ob die Muskelspannung in einer bestimmten Situation ausreichend sicher war.
Motorischer OUTPUT
Regulierung der Muskelspannung: Das Zentralnervensystem (ZNS) sendet Befehle an die Muskeln, um die erforderliche Muskelspannung für jede Bewegung zu regulieren.
Anpassung an die Bewegung: Diese Befehle werden kontinuierlich angepasst, um präzise Bewegungen zu ermöglichen, was für Musiker bei der Ausführung komplexer musikalischer Passagen entscheidend ist.
Regelkreisläufe: Feedback und Anpassung
Sensomotorische Rückmeldung
Feedback durch Sensoren: Während der Bewegung liefern Sensoren in Muskeln und Gelenken kontinuierlich Rückmeldung über den Zustand der Muskeln und deren Bewegungen.
Anpassung der motorischen Befehle: Diese Rückmeldungen werden vom ZNS verarbeitet, um die motorischen Befehle entsprechend anzupassen, wodurch ein effizienter Regelkreislauf entsteht.
Bedeutung für Musiker
Feinabstimmung der Bewegungen
Präzision und Koordination: Für Musiker ist die Fähigkeit zur Feinabstimmung ihrer Bewegungen von größter Bedeutung. Störungen in diesen Regelkreisläufen können zu Ungenauigkeiten in der Spieltechnik und zu muskulären Problemen wie Sehnenscheidenentzündungen führen.
Bei all dem was da im Hintergrund stattfindet denkt man ja in der Regel: "Ich greife jetzt diesen Akkord." Und nicht: "Welche der zwanzig Muskeln im Unterarm müssen sich wie fest anspannen, damit sich meine Finger beugen"
Behandlungsansätze für Sehnenscheidenentzündung bei Musikern
Diagnostik
Um die genaue Ursache der Beschwerden zu identifizieren, ist eine umfassende Untersuchung notwendig. Folgende Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden:
Sensorik-Tests: Die Überprüfung der sensorischen Funktionen kann Aufschluss darüber geben, wie gut der Körper Signale von den betroffenen Bereichen empfängt und verarbeitet.
Nervenbeweglichkeit: Eine eingeschränkte Beweglichkeit der Nerven kann zu Problemen in der Muskelansteuerung und somit zu einer erhöhten Spannung führen.
EMG-Tests (Elektromyographie): Durch EMG-Tests können wir die Aktivität in verschiedenen Muskeln messen. Dies hilft uns zu verstehen, welche Muskeln überaktiv sind und welche möglicherweise nicht ausreichend aktiviert werden.
Behandlungsstrategien
Basierend auf den Ergebnissen der Diagnostik können individuell angepasste Behandlungspläne erstellt werden. Diese könnten umfassen:
Spezifische Übungen: Sensorisches Training, Nervenmobilisationen, EMG-Biofeedback-Training
Manuelle Therapie: Zur Verbesserung der strukturellen Beweglichkeit, Faszientherapie.
Abschluss
Eine erfolgreiche Behandlung beginnt mit einer gründlichen Diagnose und endet mit einer Therapie, die genau auf Dich zugeschnitten ist. In meiner Praxis lege ich großen Wert darauf, nicht nur Symptome zu lindern, sondern vor allem die Ursachen Deiner Beschwerden anzugehen. Mit modernsten diagnostischen Methoden und individuell angepassten Behandlungsansätzen möchte ich Dir helfen, eine nachhaltige Besserung zu erzielen, damit du deiner Leidenschaft Musik schnell wieder nachgehen kannst.
Mach's nicht irgendwie. Mach's smart!
Daniel Sturm
Physiotherapeut / Heilpraktiker / Neuroathletik-Trainer